Kolumne

DAS ist aber teuer! Preisentwicklung am Kunstmarkt – Eine Orientierung

Der Kunstkauf ist ein sehr spezielles Phänomen des Konsums. Sehr gut möglich, dass Sie sich bereits mit den zwei großen Fragen beschäftigt haben: Ist das gute Kunst? Und, ist sie ihren Preis wert?

Viele Menschen äußern im Gespräch, dass sie nicht genug Ahnung von Kunst haben, um den Preis eines Werks realistisch beurteilen zu können. Sie scheuen sich aus verschiedenen Gründen, selbstbewusst eine Galerie, ein Atelier oder Messestand anzusteuern. Das ist bedauerlich, jedoch verständlich; präsentiert sich der Kunstmarkt nicht nur den Unerfahrenen als komplex und im Hinblick auf die Preise eher intransparent.

Wann Kunst elitär ist

Kunst ist elitär, wenn sie als Mittel zur Abgrenzung willkommen ist. Diese Abgrenzung erfolgt unter anderem über den Preis. Kunst an sich hat erst einmal keinen ‚funktionalen Wert‘, der sich über einen konkreten Nutzen bestimmt, sondern einen kulturellen.

Wenn Sie sich entschieden haben, Kunst zu kaufen, dann trifft im ersten Schritt Ihr persönliches Verständnis von Wert auf die Frage: „Ist sie diesen Preis auch wert?“ Neben Ihrer eigenen Ästhetik und Vorliebe bieten die folgenden vier Faktoren eine Orientierung. So können Sie ihre Beobachtungen und Einschätzungen zum Preisverständnis besser einzuordnen.

Die Weltwirtschaftslage

Mit dem Boom der Wirtschaft seit 2004, gefolgt von den finanziellen Verlusten der New-Economy Zeit und der Weltwirtschaftskrise ab 2007, gewann vor allem die zeitgenössische Kunst an Bedeutung und natürlich materieller Zuwendung. Sie ist heute ein Synonym für wirtschaftlichen Wert.

1. Der Hauptgrund: Der Handel mit der Kunst ist ein Milliardengeschäft (Umsatz in 2018: 67 Mrd. USD). Ein Weiterer: Die gebremste Weltkonjunktur sowie Handelskonflikte zwischen Nationen wie den USA und China, befeuern das Gefühl wirtschaftlicher Unsicherheit und das Geschehen auf dem Kunstmarkt. In ökonomisch schwierig zu prognostizierenden Zeiten werden die Blue-Chips der Kunst als Anlage genutzt, um Wert zu erhalten oder zu vermehren. Das treibt die Preise nach oben. Kommt eine Inflation (Geldentwertung) hinzu, dreht sich die Spirale weiter hinauf.

Die Preistreiber

Blicken wir auf die Milliarden, die im Kunstmarkt umgesetzt werden, ist es wichtig zu wissen, wo dies geschieht. Im Umsatzjahr 2018 waren Messen, besonders im asiatischen Raum, die wichtigsten Treiber für Umsätze im Markt. China konnte sich, aufgrund von jungen Käufern, mit 19% Anteil den dritten Platz bei den Gesamterlösen am Kunstmarkt sichern. Platz Zwei ging mit 21% und der Brexit-Bremse zum Trotz an Großbritannien, während die USA mit 44% weiterhin an der Spitze steht.

Der Onlinebetrieb des Kunstverkaufs entwickelt sich stetig weiter: Hier investierten Kunden im Schnitt immerhin 5.000 USD für eine künstlerische Arbeit oder Antiquität. Insbesondere für Auktionshäuser ist der digitale Zugang einer der wichtigsten Treiber im Neukundengeschäft.

Die Katalysatoren

Je nach Käufer- und Sammlertyp ist es ist tabu, Kunst als Ware zu begreifen. Am Top-End des Kunstmarkts wird aus den Preisen mitnichten ein Geheimnis gemacht. Hier werden von Auktionshäusern und Trophäenjägern („Salvator Mundi“ von Leondardo da Vinci, ersteigert für 400 Mio. USD, plus 50 Mio. Aufgeld fürs Auktionshaus) konkrete Preise wie Auktionsrekorde zu Marketingzwecken laut und deutlich kommuniziert.

Sie erinnern sich an die Aktion, bei der Banksy die Arbeit „Girl with Balloon“ für 1,2 Mio. EUR über Sotheby´s versteigert, halb geschreddert und mit dem neuen Titel „Love is in the Bin“ versehen hat? Seine Kritik an den Mechanismen des Kunstmarktes bewirkte das Gegenteil: Sie beschleunigte die Wertentwicklung der Arbeit. Sotheby´s hat weltweit von der Aufmerksamkeit (geschrieben wurde sogar über eine Zusammenarbeit) mit Banksy profitiert. Unmittelbar nach der Auktion war die Arbeit schon mehr wert, als die Käuferin ausgegeben hat.

Nicht zu vergessen sind die internationalen Netzwerke großer Galerien, die auch als Talentscouts agieren und noch unbekannte Künstler strategisch auf verschiedenen Kontinenten einem einflussreichen Messepublikum präsentieren.

Die Trends

Kunstmärkte spiegeln auch den Geschmack der Vielen wieder. Preisentwicklungen sind volatil und ob aus einem Millionenhype ein kulturhistorisch relevantes Werk wird, entscheidet oft erst die Zeit. Ändert sich der Trend, wird der Markt mit neuen Künstlern und Käufern geflutet, was zu einer Steigerung der Preise führt. Was gestern noch erschwinglich war, liegt auf einmal im oberen Preissegment. Wenn Sie sich beim angestrebten Kunstkauf beim Preis trotz eingehender Recherche übervorteilt fühlen, sagt Ihnen möglicherweise der vorhandene Trend auf dem Kunstmarkt in seiner eigenen Ästhetik nicht zu.

Ich möchte Sie mit meiner Einschätzung ermutigen, Ihren Kunstkauf versiert, mit Freude und Verständnis anzugehen. Das Internet bietet Ihnen mit Datenbanken und Apps die Möglichkeit, Auskunft zu Preisen und Preisentwicklungen von Künstlern und ihren Werken zu erlangen. Im Idealfall vernetzen sie den fragmentierten Kunstmarkt und erlauben einen Preisvergleich ohne versteckte Kosten.

Herzlich!

Ihre Daniela Hinrichs

Foto: ©Chris Barbalis