Kolumne

Alle nach ihrer Façon – VON DREAM BUYER BIS TROPHÄENJÄGER:IN. DIE 6 TYPEN DER KUNSTKÄUFER:INNEN

Je älter ein Gewerbe, ein Handel, oder Handwerk, desto markanter und durchaus skurriler sind die Akteure, die sich darin bewegen. Dies gilt besonders für den Kunstmarkt. Denn der Kauf von Kunst ist so individuell, wie die Menschen, die sie erwerben. Manche komplettieren mit einem Kunsterwerb tiefe, persönliche Sehnsüchte. Anderen geht es um Ästhetik und Vollendung, wieder andere erwerben Kunst als Wertanlage. Sammler:innen sind rar, das Kunstevent-Vernissage-Publikum war vor der Pandemie überproportional groß. Auf dem Parkett des Kunstmarkts bewegt sich jeder ein wenig anders: Absolut diskret, Effekte suchend, extrem autark, mit stiller Freude oder Kamerateam im Handgepäck. Über die Jahre sind mir gewisse Typen von Käufer:innen in der Kunstmarktszene immer wieder begegnet. Ihnen vielleicht auch?

Der Archetyp der Kunstsammler:innen sind die Genießer:innen. Sie suchen fortlaufend nach neuen wundervollen Werken, die ihr Zuhause verschönern. Genießer:innen nehmen sich Zeit und lassen sich gern beraten. Sie haben bereits gesammelt, als Kunst mehrheitlich kein Spekulationsobjekt war und öffnen sich mit Freude neuen Strömungen und Positionen am Markt. Weniger versonnen, jedoch hochkonzentriert, suchen die Ästhet:innen. Sie verlangen oft gezielt nach Werken und Künstler:innen oder lassen sich von Expert:innen in ihren feinstofflichen Ansprüchen beraten. Für Ästhet:innen ist Kunst der pure Ausdruck ihrer selbst. Ihre Auswahl ist brillant. Oftmals lähmt sie die Suche nach der perfekten visuellen Erweiterung aber, sich zu entscheiden. In dieses Szenario wiederum geraten Investmentkäufer:innen eher selten bis gar nicht. Bei ihnen trifft rationales Denken auf gut geschulten Instinkt. In ihrem jeweiligen finanziellen Rahmen suchen sie nach dem Optimum für ihr Geld. Nur zu gern folgen sie Einladungen zu Events, auf denen sie Expert:innen mit Insiderwissen vermuten. Denn: Für Investmentkäufer:innen ist weniger das Gefühl, sondern die richtige Performance eines Kunstwerks entscheidend für ein Match und sie lieben den dynamischen Wettbewerb um den Zugang zu Kunstmarktinformationen.

Die absoluten Traumkunden aller Galerien sind die Spontankäufer:innen, auch Dream Buyers genannt. Ihre Entscheidung zum Kauf von Kunst steht oft in direkter Beziehung zu den äußeren angenehmen Umständen, in denen sie diese vorfinden. Die Outdoor-Vernissage? Einfach zu verlockend! Interessant ist für sie der Augenblick; das aus dem Bauch heraus agieren und sich wohl zu fühlen. Ganz im Gegensatz zu den Verlegenheitskäufer:innen. Eigentlich wissen sie, was ihnen gefällt und was sie kaufen möchten. Doch die Sehnsucht nach Harmonie, die Angst jemanden durch Ablehnung zu kränken, sich zu blamieren oder aus gesellschaftlichen Kreisen ausgeschlossen zu werden, ist oft stark. Und so trauen Verlegenheitskäufer:innen sich nicht zu sagen, was ihnen nicht hundertprozentig gefällt, oder dass ihnen der Preis zu hoch ist. Das könnte zumindest den Trophäenjäger:innen nie passieren. Sensationelle Preise, spektakuläre Auktionen und mediales Blitzlichtgewitter sind ihnen ebenso lieb wie das Kunstwerk selbst – vielleicht sogar noch lieber. Der Fluch der Superlative bringt allerdings auch Sisyphus-Sorgen mit sich. Denn für diese Jäger:innen von Status und Prestige ist nach dem Kauf wieder vor dem Kauf und das Zielfernrohr muss ständig neu justiert werden. Aber wie sagt man so schön? Alle nach ihrer Façon. Ob nun zum Genuss, als Trophäe oder Investment: Hauptsache, es bleibt bunt. Und Kunst wird gekauft.

Diese Kolumne wurde ursprünglich in der zweiten Ausgabe des STRIVE Magazin publiziert.