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Beim Vererben einer Sammlung geht häufig das Wissen über ihren finanziellen Wert sowie ihren emotionalen Kontext verloren. Zu wenig wird darüber gesprochen, welche Objekte geerbt oder übertragen werden sollen und ob die nachfolgende Generation in der Lage ist, die Sammlung im Sinne der Gründungspersonen fortzuführen oder die Sammlungsstücke entsprechend ihres Wertes zu verkaufen.

Durch eine gezielte Beratung können Sammelnde und Erbende Lösungspotenziale erkennen, indem sie unter anderem über den finanziellen Wert ihrer Sammlungen aufgeklärt werden und Möglichkeiten zur Portfolio-Optimierung aufgezeigt bekommen, einschließlich der Option, Erlöse aus dem Verkauf wieder anzulegen.

Fortsetzung: Die Kunst zu Entsammeln – Der Erhalt familiärer und finanzieller Werte (folgt)

Teil 1: Die Kunst zu Entsammeln – Chancen, Perspektiven und Risiken in der Phase nach dem Sammeln
Teil 2: Die Kunst zu Entsammeln – Wertebewusstsein und Nachlasssorgen

Ich berate zu Chancen, Perspektiven und Risiken nach dem Sammeln. Mein Ziel ist es, wertvolle Unterstützung für Erblassende zu bieten, die ihre Sammlung vererben oder übertragen möchten und eine frühzeitige Nachlassplanung anstreben. Personen, die unverhofft eine Sammlung geerbt haben und unsicher sind, wie sie weiter verfahren sollen, biete ich ein unterstützendes Hilfspaket für die ersten Schritte an.

Während die Mehrheit der Sammelnden sicher benennen kann, warum sie sammeln, sind die meisten von ihnen nicht in der Lage, den finanziellen Wert ihrer Sammlerstücke genau zu beziffern. Mehr als die Hälfte hat ihre Sammlung noch nie schätzen lassen und kann den Wert nicht selbst bestimmen.

Dabei sind Kunstobjekte und Sammlungen, z.B. von historischen Fahrzeugen, Wein oder Uhren, ein selbstverständlicher Teil der Privatbilanz von Sammelnden, der bewertet werden sollte. Mit Blick auf die Handelbarkeit von Kunst und Assets aus dem Sammlungskontext ergeben sich oft neue Fragen und Schwachstellen: Sowohl Sammelnde als auch die Erbenden äußern Besorgnis, dass ihr Unwissen beim Kauf von Objekten und dem Verkauf der Sammlung nachteilig sein könnte.

Fortsetzung: Die Kunst zu Entsammeln – Die unterschätzte Rolle der Kommunikation (folgt)

Teil 1: Die Kunst zu Entsammeln – Chancen, Perspektiven und Risiken in der Phase nach dem Sammeln

Ich berate zu Chancen, Perspektiven und Risiken nach dem Sammeln. Mein Ziel ist es, wertvolle Unterstützung für Erblassende zu bieten, die ihre Sammlung vererben oder übertragen möchten und eine frühzeitige Nachlassplanung anstreben. Personen, die unverhofft eine Sammlung geerbt haben und unsicher sind, wie sie weiter verfahren sollen, biete ich ein unterstützendes Hilfspaket für die ersten Schritte an.

Die überwiegende Mehrheit der Sammelnden zieht es vor, ihre wertvollen Stücke an ihre Nachkommen weiterzugeben, anstatt sie zu verkaufen. Allerdings haben nur wenige ihre Erbenden darüber informiert, wie sie die Sammlung verwalten, bewerten oder veräußern können. Das Ergebnis ist, dass knapp ein Drittel der Nachlassnehmenden die konkrete Absicht haben, die geerbten Sammlerstücke umgehend zu veräußern. Diese Gruppe wird durch einen weiteren wesentlichen Anteil von Erbenden ergänzt, die die Sammlung vorerst behalten, jedoch keine Freude daran empfinden.

Mehr als die Hälfte hat ihre Erbenden nicht über das Sammeln im Allgemeinen, ihre persönlichen Wünsche und ihre Motivation für die Sammlung informiert. Die Nachlassnehmenden sind oft unsicher, wenn es darum geht, Sammlerstücke zu erhalten. Viele halten aus Pflicht- und Schuldgefühl daran fest. Insgesamt zeigten nur ein gutes Drittel derjenigen, die eine Sammlung geerbt hatten, Interesse daran.

Fortsetzung: Die Kunst zu Entsammeln – Wertebewusstsein und Nachlasssorgen (folgt)


Ich berate zu Chancen, Perspektiven und Risiken nach dem Sammeln. Mein Ziel ist es, wertvolle Unterstützung für Erblassende zu bieten, die ihre Sammlung vererben oder übertragen möchten und eine frühzeitige Nachlassplanung anstreben. Personen, die unverhofft eine Sammlung geerbt haben und unsicher sind, wie sie weiter verfahren sollen, biete ich ein unterstützendes Hilfspaket für die ersten Schritte an.

Meine kurze Antwort darauf heute lautet: Nein. Retrospektive: Vor ungefähr zehn Jahren wurde mir diese Frage von einer Bekannten gestellt. Die Arbeiten einer Berliner Künstlerin spiegelten ihre Empfindungen auf präzise Art und Weise wider. Und dies, obwohl die beiden sich bis dato nie begegnet waren. Sich mit diesen Bildern in den vertrauten Wänden zu umgeben, war für sie eine emotionale Erfahrung. Sie fühlte sich gesehen und verstanden. Der Wunsch, die Künstlerin kennen zu lernen, beschäftigte sie intensiv. Meine Antwort war damals nicht so klar wie heute: Ich ließ es ihr offen. Meine Perspektive war eine andere.

Als Sammlerin gehört es dazu, mich mit den Arbeiten der Künstler:innen intensiv auseinander zu setzen. Atelierbesuche sind ein wirksamer Weg dafür. Zudem bieten sie Kunstschaffenden die Möglichkeit, spontan Arbeiten zu verkaufen. Die persönliche Einladung in ein Atelier ist ein Vertrauensvorschuss. Angefangene Arbeiten stehen herum, manchmal dienen die Räume den Künstler:innen als Arbeits- und Wohnort zugleich. Nicht jede:r Schaffende hat Freude am direkten Gespräch und fühlt sich eloquent genug, die Arbeiten zu beschreiben. Im Kopf geblieben ist mir die Begegnung mit einem Berliner Maler. Im Atelier des Fotografen Oliver Mark hing eine kleine Arbeit von ihm. Als wir darüber ins Gespräch kamen und ich Fragen zu seiner Technik hatte, erwiderte der Maler: „Wenn ich beschreiben könnte, was ich mache, dann wäre ich Autor geworden“. Touché! War aber sicher nicht das, was meine Bekannte sich als Antwort erhofft hätte.

Deswegen heute mein klares Nein. Was spricht dafür, die empfundene Verbundenheit und Euphorie einem Realitätscheck zu unterziehen? Nicht besonders viel, denke ich. Das Band zwischen Künstler:in und Sammler:in ist doch schon längst geflochten. Die Arbeiten begeistern, die Nachfrage bleibt erhalten, das Schaffen kann weitergehen.

Wesentlich ist doch, dass wir uns einer Arbeit verbunden fühlen. Und nicht der Person, die sie erschaffen hat. Sicherlich: Die Diskussion, ob man Künstler:innen von ihrem Werk trennen kann, ist eine ewige. Dazu an anderer Stelle mehr. Wieso ein Bild uns so intensiv an etwas Eigenes erinnert – diese Antwort werden wir nicht von außen bekommen. Und auch die Künstler:innen brauchen unsere Interpretation nicht für ihr Schaffen. Wenn sie eine Arbeit verkaufen, dann ist sie abgeschlossen und künstlerisch nichts mehr hinzu zu fügen. Was wir beim Betrachten dann empfinden, ist ganz und gar persönlich.

Es ist ganz einfach. Beziehungsweise eben gerade nicht so einfach: Die Abgrenzung von Kunst und Kommerz lässt sich nicht mit fixen Linien ziehen. Das liegt an den Wechselbeziehungen, in denen die Kunst steht und an ihren eigenen volatilen Wertesystemen, die sie am Markt tragen. Der richtige Wert von Kunst entsteht dort, wo die kulturelle Ebene und der kommerzielle Horizont aufeinandertreffen. Oder anders ausgedrückt: Es ist schlichtweg eine Frage der Perspektive, nämlich der Perspektive, die Sie als Individuum einnehmen.

Seitdem die New Economy und globale Wirtschaftskrisen Anfang des 21. Jahrhunderts die
zeitgenössische Kunst immens mit monetärer Bedeutung aufgeladen haben, stecken wir mitten in dem Versuch, profane Werke in ihrem Wert von Kunst zu unterscheiden. Ein auswegloses Unterfangen? Ich sage:

Mit dieser Kunstformel kann es gelingen!

Stellen Sie sich einen dreibeinigen Hocker vor. Jedes Bein steht für ein wichtiges Erkennungszeichen eines Kunstwerkes: erstklassiges Handwerk, Schöpfer:innenkraft und Authentizität. Sie können Ihrem Hocker selbstverständlich eigene Attribute geben. Wichtig ist nur: ein fester Hocker-Stand ist für Sie das Zeichen, dass das, was Sie kaufen wollen, für Sie wertvoll ist. Ist eine Seite verkürzt, also zum Beispiel nicht authentisch, dilettantisch gemacht oder die Kopie einer Kopie, dann kippt der Wert des Kunstwerks. Für diese Fälle gibt es Tricks, um uns davon abzulenken. Drei davon kennen Sie ab sofort:

Trick 1

Mach es groß! Kunst ist erhaben, wenn wir uns klein fühlen. Groß suggeriert uns das Prädikat „gut“. Kirchen haben die architektonischen Vorteile ihrer Gebäude Jahrhunderte für sich genutzt. Wir staunen beeindruckt, wenn etwas überdimensional groß ist.

Trick 2

Mach es intellektuell! Künstlich verkopfte und über-akademische Arbeiten, denen eindeutig die Schöpfungskraft fehlt, versuchen mit intellektuell-elitären Ansätzen eine Abgrenzung zu schaffen, damit sie nicht hinterfragt werden können. Statt uns die Möglichkeit zu geben, uns mit der Arbeit intuitiv und emotional auseinander zu setzen, verpassen uns dröge Arbeiten Knoten im Kopf oder das Gefühl, keine Ahnung von Kunst zu haben. Ein uncooler Effekt.

Trick 3

Mach es laut! Provokation und kalkulierte Skandale werden gerne effektvoll eingesetzt, um über Schwächen hinweg zu täuschen. Die Provokateur:innen wissen um den wirkungsvollen Auftritt vor einer hedonistischen Gesellschaft, die gerne nach Skandalen und Überzeichnungen sucht. Bestimmte Käufer:innen wollen vom vermeintlichen Prestigetransfer profitieren: Schließlich dient es als Beweis für ihren geistig-kulturellen Status, ihre Risikofreude und ihre Vermögenssituation.

Die größte Herausforderung für Sie ist jetzt: Unterliegen Sie nicht der Versuchung, alles was groß, sachlich oder provokativ ist, vorschnell als schlechte Kunst zu deklarieren. Kunst möchte gesehen werden. Schauen sie hin und machen Sie sich Ihr eigenes Bild. Falls es Ihnen Freude macht, prüfen Sie die Kunst, die Sie gerade vor sich haben. Ist sie übertrieben oder nachlässig gemacht? Zu selbstbezogen, zu unpersönlich oder zu bemüht? Im Gespräch mit Menschen, die es wissen können, sind Sie auf dem Weg, künstlerische Fixpunkte zu finden, an denen Ihre Neugier und Aufmerksamkeit haften bleiben.

Und wenn Sie das nächste Mal neue Bewegungen am Kunstmarkt beobachten: Ziehen Sie sich doch Ihren inneren Hocker heran und nehmen Sie Platz. Von dort haben Sie einen guten Blick auf Ihren Horizont und die für Sie richtige Kunstformel.

Diese Kolumne wurde ursprünglich in der vierten Ausgabe des STRIVE Magazin publiziert.

Am Anfang glaubte niemand an den Erfolg. Ein Kunstwerk per Klick kaufen, ohne es persönlich mit eigenen Augen gesehen zu haben – undenkbar! Heute kommt man an Online in Sachen Kunsterwerb und Zugang zu Künstler:innen schwer vorbei. Das vergangene Jahr hat dem digitalen Kunstmarkt noch einmal ordentlich Auftrieb verschafft. Ein Blick in den Artsy Gallery Insights 2021 Report zeigt: das Ranking der Top-Verkaufskanäle hat sich im vergangenen Jahr deutlich verschoben. Social Media steigt zum drittbesten Vertriebsweg der Galerien auf. Die Messen rutschen pandemiebedingt auf den sechsten Platz.

Mit dem signifikanten Schritt Richtung digital und interaktiv läuten NFT die Stunde der Krytpo-Kunst ein. Non-fungible, also nicht austauschbare Token, repräsentieren ein einzigartiges Asset. Alle Fans des Digitalen finden im Kryptobereich eine kreative Auswahl, von Sammlerstücken in Form von mp4-, jpeg- oder gif-Dateien. Gespeichert werden Token in der Etherum-Blockchain; die Blockchain als Datenbank für den Eigentumsnachweis und Ether als Währung für den Kunstkauf. Handelsplätze sind Plattformen wie Makersplace und Foundation und Marketplaces wie Open Sea und Nifty Gateway. Große Auktionshäuser setzen bereits auf die Non-fungibles: So versteigerte Christie’s im März die digitale Collage „Everydays: The first 5000 days“ des Grafikkünstlers Beeple für fast 70 Mio USD.

Wer sich in NFT und Krypto-Kunst erst noch einfuchsen möchte, kann die Vielfalt der Kunstszene trotzdem unkompliziert und transparent im Netz entdecken. Hier kommen meine Insidertipps für Hochkultur im Warenkorb:

Für Fans klassischer Motive lohnt sich ein Stöbern durch die Prints und Limited Editions von Magnum Photos. Dem Gründungsmythos zufolge wurde das berühmte Fotografenkollektiv 1947 im New Yorker MoMa mit einer Magnumflasche Champagner aus der Wiege gehoben. Hier fusionieren Fotograf:innen aus aller Welt Journalismus und Kunst in herausragenden Arbeiten.

Auch Arbeiten wenig bekannter Künstler:innen erhalten durch innovative Positionierung online erstmals die Chance, gesehen zu werden – und bieten so schöne Gelegenheiten, in den Markt einzusteigen. Zu empfehlen ist ein Besuch auf der Webseite des electric art collective. Hier finden Sie sorgfältig kuratierte und erschwingliche Kunst von zeitgenössischen Künstler:innen mit wachsendem Bekanntheitsgrad. Das Credo: Kein Raum ohne Kunst! Und: Kein Alter zu jung, um mit dem Sammeln zu beginnen.

Und wie wäre es eigentlich, wenn der Kunstkauf gleichzeitig eine gesellschaftliche Wirkung hat? Schauen Sie einmal bei Her Clique vorbei. Die limitierten Werke bemerkenswerter Künstlerinnen werden exklusiv kreiert. Die Mission der 2020 in Leben gerufenen Online-Kunstplattform: Künstlerinnen fördern, bildende Kunst für alle zugänglich machen und dabei wichtige NGOs unterstützen!

Einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt auch die 2021 gegründete Hybrid-Galerie Assembly. Die Fusion aus Galerie, Agentur, kreativem Studio und Kunstberatung unterstützt ausgewählte, internationale Mixed Media Künstler:innen in ihrer Praxis, die sich zwischen Fotografie, Sound und Installation bewegen.

Schließen möchte ich meine Empfehlungsliste mit Subject Matter Art. 2011 als eine der ersten Online-Kunstgalerien gegründet, kuratiert die laufende Ausstellung How Did We Get Here? mit den Werken zehn junger, weiblicher Künstler:innen eine intensive Auseinandersetzung der großen Fragen des letzten Jahres: £10 des Verkaufserlöses gehen dabei an TERN, The Entrepreneurial Refugee Network, in London. Auf Wunsch fertigen die präsentierten Künstler:innen auch individuelle Werke an.

Diese Kolumne wurde ursprünglich in der dritten Ausgabe des STRIVE Magazin publiziert.

Je älter ein Gewerbe, ein Handel, oder Handwerk, desto markanter und durchaus skurriler sind die Akteure, die sich darin bewegen. Dies gilt besonders für den Kunstmarkt. Denn der Kauf von Kunst ist so individuell, wie die Menschen, die sie erwerben. Manche komplettieren mit einem Kunsterwerb tiefe, persönliche Sehnsüchte. Anderen geht es um Ästhetik und Vollendung, wieder andere erwerben Kunst als Wertanlage. Sammler:innen sind rar, das Kunstevent-Vernissage-Publikum war vor der Pandemie überproportional groß. Auf dem Parkett des Kunstmarkts bewegt sich jeder ein wenig anders: Absolut diskret, Effekte suchend, extrem autark, mit stiller Freude oder Kamerateam im Handgepäck. Über die Jahre sind mir gewisse Typen von Käufer:innen in der Kunstmarktszene immer wieder begegnet. Ihnen vielleicht auch?

Der Archetyp der Kunstsammler:innen sind die Genießer:innen. Sie suchen fortlaufend nach neuen wundervollen Werken, die ihr Zuhause verschönern. Genießer:innen nehmen sich Zeit und lassen sich gern beraten. Sie haben bereits gesammelt, als Kunst mehrheitlich kein Spekulationsobjekt war und öffnen sich mit Freude neuen Strömungen und Positionen am Markt. Weniger versonnen, jedoch hochkonzentriert, suchen die Ästhet:innen. Sie verlangen oft gezielt nach Werken und Künstler:innen oder lassen sich von Expert:innen in ihren feinstofflichen Ansprüchen beraten. Für Ästhet:innen ist Kunst der pure Ausdruck ihrer selbst. Ihre Auswahl ist brillant. Oftmals lähmt sie die Suche nach der perfekten visuellen Erweiterung aber, sich zu entscheiden. In dieses Szenario wiederum geraten Investmentkäufer:innen eher selten bis gar nicht. Bei ihnen trifft rationales Denken auf gut geschulten Instinkt. In ihrem jeweiligen finanziellen Rahmen suchen sie nach dem Optimum für ihr Geld. Nur zu gern folgen sie Einladungen zu Events, auf denen sie Expert:innen mit Insiderwissen vermuten. Denn: Für Investmentkäufer:innen ist weniger das Gefühl, sondern die richtige Performance eines Kunstwerks entscheidend für ein Match und sie lieben den dynamischen Wettbewerb um den Zugang zu Kunstmarktinformationen.

Die absoluten Traumkunden aller Galerien sind die Spontankäufer:innen, auch Dream Buyers genannt. Ihre Entscheidung zum Kauf von Kunst steht oft in direkter Beziehung zu den äußeren angenehmen Umständen, in denen sie diese vorfinden. Die Outdoor-Vernissage? Einfach zu verlockend! Interessant ist für sie der Augenblick; das aus dem Bauch heraus agieren und sich wohl zu fühlen. Ganz im Gegensatz zu den Verlegenheitskäufer:innen. Eigentlich wissen sie, was ihnen gefällt und was sie kaufen möchten. Doch die Sehnsucht nach Harmonie, die Angst jemanden durch Ablehnung zu kränken, sich zu blamieren oder aus gesellschaftlichen Kreisen ausgeschlossen zu werden, ist oft stark. Und so trauen Verlegenheitskäufer:innen sich nicht zu sagen, was ihnen nicht hundertprozentig gefällt, oder dass ihnen der Preis zu hoch ist. Das könnte zumindest den Trophäenjäger:innen nie passieren. Sensationelle Preise, spektakuläre Auktionen und mediales Blitzlichtgewitter sind ihnen ebenso lieb wie das Kunstwerk selbst – vielleicht sogar noch lieber. Der Fluch der Superlative bringt allerdings auch Sisyphus-Sorgen mit sich. Denn für diese Jäger:innen von Status und Prestige ist nach dem Kauf wieder vor dem Kauf und das Zielfernrohr muss ständig neu justiert werden. Aber wie sagt man so schön? Alle nach ihrer Façon. Ob nun zum Genuss, als Trophäe oder Investment: Hauptsache, es bleibt bunt. Und Kunst wird gekauft.

Diese Kolumne wurde ursprünglich in der zweiten Ausgabe des STRIVE Magazin publiziert.

Verliert die alte Welt an Wert?

Erstmalig hat Ende 2020 ein Bild des Street Art Künstlers Banksy auf einer Auktion in London, mehr Geld eingebracht, als ein Portrait von Picasso. Über 8 Millionen EUR wurden für „Show me the Monet“, eine Anlehnung an die Arbeiten des Impressionisten Claude Monet, gezahlt. Picassos „Tête d’Homme“ wirkte dagegen mit einem Gesamterlös von 4.4 Millionen EUR beinahe ungebührlich platziert. Zeitgleich erlöste die Arbeit „Elevator“ der 45-jährigen Amerikanerin Dana Schutz bei einem anderen Auktionshaus mit 6,5 Millionen USD das Doppelte ihres Schätzpreises und schlug Andy Warhols Zeichnung „Cambell´s Soup Can“, die für 6,1 Millionen USD neue Besitzer:innen fand. Sechs Jahre zuvor erzielte dieselbe Arbeit noch ein Auktionsergebnis von 7,4 Millionen USD. Das erzeugte ein nachhaltiges Echo.

Sind die ertragreichen Jahre mit den Blue-Chip Künstler:innen etwa angezählt? Und wenn ja, welche Kräfte sind für den Shift verantwortlich?

Das Geld

Mehr als 2.000 Milliardär:innen weltweit zählte das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes in 2020. Die Mehrheit konnte ihren Reichtum trotz, oder teils auch gerade wegen der globalen, pandemiebedingten Disruption sogar noch weiter steigern. Sie kommen aus Amerika und China und machen ihr Geld in den Sektoren Gesundheit, Industrie sowie Technologie. Ein Teil dieses Geldes wird auf den größten Handelsplätzen für Kunst, sprich New York und Hongkong, wieder investiert. Die Rendite, die dabei mit der Kunst zu machen ist, ist für die Mehrzahl der Käufer:innen allerdings zu mager. Auch kann es lange dauern, bis der Gewinn einer Arbeit realisiert werden kann. Gekauft wird deshalb gerade im Auktionsmarkt vermehrt, was im Begriff ist, sich einen Namen zu machen. Und, nicht zu vergessen: was den neuen Besitzer:innen Freude zu bereiten scheint. Diese Freude darf dementsprechend auch ihren Preis haben.

Die Unsicherheiten

Schaffen viel Geld und wenig Erfahrung volatile Kunstmärkte? Dies nur den engagierten Käufer:innen anzulasten, wäre zu einfach gedacht. Die Unsicherheiten sind allen Ortes zu spüren. Zudem gilt die Regel, dass der Wert zeitgenössischer Kunst sich oftmals erst über die Jahre herausbildet und es schwierig ist, diesen jetzt zu schon verlässlich zu bepreisen. Im Herbst und Winter 2020 tendierten die Auktionshäuser für dieses Segment zu niedrigen Schätzungen: möglicherweise zu niedrig. Zudem gab es keine sicheren Prognosen, wie sich die zweite Lockdown-Phase in Europa und die politische Lage in Amerika entwickeln und im Kunstmarkt niederschlagen würde. Und so konnte es Beobachter:innen auf den folgenden Auktionen zwischenzeitlich schwindelig werden. Die Gebote für zeitgenössische Kunst gingen preislich durch die Decke. Eine Verdoppelung oder Verdreifachung der ursprünglichen Schätzpreise war eher die Regel, als Einzelfall. Besonders die internationale, jüngere Käuferschaft trieb die Preise nach Aussagen der Auktionshäuser nach oben. Nicht lange auf sich warten ließen entsprechend die Klagen über das Schwinden kultureller Ideale, Werten und Wurzeln. Einiges Augenbrauenrunzeln erntete die Tatsache, dass vor einem Jahr im Primärmarkt erworbene Arbeiten nun schon wieder für Auktionen eingeliefert wurden.

Ein eisernes Gesetz des Kunstmarkts lautete bislang, dass belohnt wird, wer die künstlerische Idee (oder Vision) zuerst umgesetzt hatte. Die neue Fusion aus zeitgenössischen Künstler:innen, jungen Käufer:innen und dem Internet mit seinen Technologien hat ihre eigenen Gesetze. Im Kunstmarkt wird längst damit verdient, wer eine Idee zuletzt hatte und online wirkungsvoll darauf aufmerksam macht. Zudem läuft der Nachschub an gegenwärtiger Kunst weiterhin ungebrochen, während am traditionellen Markt Flaute zu herrschen scheint. Das Problem ist somit hausgemacht.

Die Herausforderung: Private Sales

Verschwiegenheit und Offenheit sind ungleiche Geschwister im Kunstmarkt. Während aktuelle Studien zeigen, dass für Käufer:innen der große Gewinn aus der Pandemie die langersehnte Transparenz im Kunstmarkt ist, wuchs in der Krisendämmerung eine interessante Gegenbewegung heran: der diskrete Private Sale. Hier wechseln Arbeiten unter Ausschluss jeder digitalen oder analogen Öffentlichkeit und ohne großes Medienecho in neue Hände.

Für die Auktionshäuser sind die Privatverkäufe Fluch und Segen zugleich. Der Benefit: In einem unbeobachteten Umfeld gehen leichter große Summen über den Tisch. Das bringt wichtige Umsätze und bindet Kund:innen ans Unternehmen. Die Kehrseite der Medaille: Es fehlen die großen Namen als Zugpferde für Auktionen. Prestigeträchtige und für Auktionen lebensnotwendige Lose werden nicht eingeliefert. Die hohe Nachfrage auf dem Auktionsmarkt trifft auf Besitzer:innen, die in Krisenzeiten gerne behalten, was sie haben. Oder es, bei Belieben, gerne äußerst unauffällig veräußern.

Es tut dem Kunstmarkt gut, dass seine Glaubenssätze in Frage gestellt werden. Denn so wie jedem neuen Anfang ein Zauber innewohnt, haben frische Arbeiten und Werte nun die Chance, sich zu etablieren und zu wachsen. Den Untergang der Blue Chip Künstler:innen gibt es trotzdem noch nicht zu beweinen.

Wenn es durch die Pandemie in 2020 eine Delle im Auktionsmarkt gab, so ist sie – bis auf die Ausnahme eines großen Auktionshauses – bislang noch eine sanfte Einbuchtung: Die Umsätze der größten Häuser tangieren nach wie vor im Milliarden-Bereich. Picassos Thron ist vielleicht angesägt. Aber für einen kapitalen Sessel reicht es immer noch.